Neue Bluthochdrucktherapie (5) 

Nachdem Sie in den vorangegangenen Berichten die von der Schulmedizin definierten Ursachen für primäre und sekundäre Hypertonie kennengelernt haben, erfahren Sie hier noch weitere Ursachen für Bluthochdruck. 


Zu diesen weiteren Bluthochdruck auslösenden Faktoren gehört das sogenannte metabolische Syndrom. Das metabolische (= den Stoffwechsel betreffende) Syndrom ist keine eigenständige Krankheit. Es bezeichnet das Zusammentreffen verschiedener Erkrankungen beziehungsweise Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes.


Vorrangig besteht das metabolische Syndrom, welches auch Wohlstandssyndrom genannt wird, aus:


  • Übergewicht (Adipositas) mit Fetteinlagerungen - vor allem am Bauch
  • erhöhten Blutdruckwerten
  • erhöhten Blutzuckerwerten (der Zuckerstoffwechsel ist durch eine Insulinunempfindlichkeit
  • oder Insulinresistenz gestört)
  • gestörtem Fettstoffwechsel

Diese vier Symptome werden zusammen als „das tödliche Quartett“ bezeichnet. Die Gefahr, an einem Herzinfarkt oder Schlaganfall zu versterben, verdoppelt sich mit dem Auftreten des metabolischen Syndroms. Das Risiko, eine Diabeteserkrankung zu bekommen, liegt nun fünfmal höher als bei Personen ohne das Wohlstandssyndrom.


Betroffen sind derzeit etwa 25 Prozent der deutschen Bevölkerung - Tendenz steigend. Am häufigsten erkranken Menschen über 60 Jahren, jedoch können die Symptome auch schon bei Kindern und Jugendlichen auftreten.


Die vier Hauptsymptome


Übergewicht

Übergewicht wird auch als Adipositas bezeichnet. Im Zusammenhang mit dem metabolischen Syndrom spielt vor allem das in der Bauchregion und zwischen den Organen angelagerte Fett eine Rolle. Die Fachleute sprechen hierbei von viszeralem Fett. Dieses ist sehr stoffwechselaktiv und beeinflusst sowohl den Fett- als auch den Zuckerstoffwechsel. Um das Risiko schnell einschätzen zu können, wird der Bauchumfang auf Taillenhöhe gemessen. Als Grenze gilt bei Frauen 88 cm, bei Männern 102 cm.


Erhöhte Blutdruckwerte

Blutdruckwerte im hochnormalen Bereich oder eine bereits behandelte Bluthochdruckerkrankung sind ein weiteres Kennzeichen des metabolischen Syndroms. Da erhöhte Blutdruckwerte für sich alleine schon ein hohes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bergen, verschärft sich dieses Risiko im Zusammenspiel mit weiteren Risikofaktoren gravierend. 



Erhöhte Blutzuckerwerte

Eine verringerte Empfindlichkeit gegenüber Insulin oder eine Insulinresistenz führt zu erhöhten Blutzuckerwerten. Hier zeigt sich ein fataler Zusammenhang der einzelnen Symptome des metabolischen Syndroms, denn das stoffwechselaktive viszerale Fett (siehe Übergewicht) nimmt direkt Einfluss auf die Empfindlichkeit gegenüber Insulin: Es verringert diese. Daher sind erhöhte Blutzuckerwerte (ab 110 mg/dl nüchtern) oder ein schon bestehender Diabetes mellitus ein Symptom des metabolischen Syndroms.


Gestörter Fettstoffwechsel

Dieser ist gekennzeichnet durch erhöhte Triglycerid-Werte ab 150 mg/dl (über 1,7 mmol/l) sowie erniedrigte Werte des (guten) HDL-Cholesterins. Bei Frauen liegt dieser Wert dann unter 50 mg/dl (unter 1,25 mmol/l) und bei Männern unter 40 mg/dl (unter 1,05 mmol/l). Auch hier besteht der Zusammenhang mit dem Bauchfett. Es nimmt auch auf den Fettstoffwechsel einen ungünstigeren Einfluss als beispielsweise an den Oberschenkeln angelagertes Fett.


Neben diesen Hauptkennzeichen gibt es noch einige weitere Symptome, die in den Komplex „metabolisches Syndrom“ hineinspielen können. Zu diesen weniger bekannten Faktoren gehören beispielsweise erhöhte Harnsäurewerte, eine verstärkte Blutgerinnung sowie eine erhöhte Eiweißausscheidung über den Urin.


Obwohl es beim metabolischen Syndrom um verschiedene, gemeinsam auftretende Risikofaktoren geht, ist die grundlegende Behandlung für alle Symptome gleich. Der derzeitige Lebensstil muss geändert werden mit dem Ziel, das Körpergewicht beziehungsweise den Bauchumfang zu reduzieren. Das erreicht man durch eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten und mehr Bewegung. Diese Änderung wiederum hat nicht nur auf Umfang und Gewicht einen positiven Einfluss, sondern auch auf den Blutdruck, die Blutfettwerte sowie die Blutzuckerwerte und die Empfindlichkeit gegenüber Insulin.


Viele Menschen mit Bluthochdruck weisen auch hohe Blutfettwerte auf. Um den Zusammenhang zu erkennen, muss man sich die Blutfettwerte und deren Wirkung etwas genauer ansehen.


Zu den Blutfettwerten zählen Cholesterin und Triglyceride. Das Cholesterin wird unterschieden in HDL- und LDL-Cholesterin. Die Fette (Lipide) sind nicht wasserlöslich, lösen sich also auch im Blut nicht, sondern werden an Eiweißmoleküle (Proteine) gebunden im Blut transportiert. So kommt die Bezeichnung Lipoprotein zustande.


HDL-Cholesterin

HDL steht für High Density Lipoprotein. HDL-Cholesterin ist die kleinste Lipoprotein-Art, die im Körper vorkommt. Sie enthält etwa 25 Prozent des gesamten Cholesterins. Ihre Aufgabe ist es, überschüssiges Cholesterin aus den Körperzellen aufzunehmen und zur Leber zu transportieren. So schützt das HDL-Cholesterin vor Arterienverkalkung (Arteriosklerose) und wird daher auch als das gute Cholesterin bezeichnet. 


LDL-Cholesterin

LDL steht für Low Density Lipoprotein. LDL ist das wichtigste Transportmittel für Cholesterin im Blut. Es transportiert das Cholesterin zu den Körperzellen. LDL gilt als größter Risikofaktor für eine Arterienverkalkung (Arteriosklerose).


Triglyceride

Triglyceride sind Blutfette, die aus einen Glycerin-Molekül und drei Fettsäuren bestehen. Erhöhte Triglycerid-Werte stellen im Zusammenhang mit niedrigen HDL-Werten eine Gefahr für Arteriosklerose dar.


Sieht man sich nun an, dass hohe Blutfettwerte das Arteriosklerose-Risiko steigern, erkennt man schnell den Zusammenhang mit erhöhten Blutdruckwerten. Verengte Gefäße lassen den Blutdruck steigen. Zudem liegen hohen Blutfetten und hohem Blutdruck häufig dieselben Ursachen wie falsche Ernährungsgewohnheiten und Bewegungsmangel zugrunde. Gerade bei hohen Blutfettwerten ist eine Ernährungsumstellung - weg von tierischen Fetten und hin zu pflanzlichen Ölen - essentiell. Hierbei muss darauf geachtet werden, ungesättigte pflanzliche Fette zu verwenden und diese nicht stark zu erhitzen. Sie beeinflussen das gute HDL-Cholesterin und wirken auf diese Weise der Arteriosklerose entgegen.


Auch ein ausgewogenes Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren hilft, die Blutfettwerte und auch den Blutdruck im gesunden Rahmen zu halten. Gehärtete pflanzliche Fette sind genauso zu meiden wie tierische Fette, da sie sich ebenfalls ungünstig auf die Blutfettwerte auswirken.


Unter dem Begriff Diabetes mellitus fasst die Medizin eine Gruppe von Stoffwechselerkrankungen zusammen, die ein Merkmal gemeinsam haben: erhöhte Blutzuckerwerte oder nachweisbarer Zucker im Urin. In vielen Fällen kann eine eingeschränkte beziehungsweise fehlende Insulinproduktion die Ursache für die erhöhten Blutzuckerwerte sein. Ein typischer Fall ist der Typ-1-Diabetiker, dessen insulinproduzierende Zellen im Pankreas - der Bauchspeicheldrüse - durch Autoimmunreaktionen zerstört worden sind. Bei Typ-2-Diabetikern dagegen kann (zumindest am Anfang der Erkrankung) noch eine ausreichende Insulinproduktion nachgewiesen werden. Jedoch ist aus verschiedenen Gründen die biologische Aktivität des Insulins eingeschränkt. In der Folge produziert die Bauchspeicheldrüse mehr Insulin, um den Mangel auszugleichen, und verliert wegen dieser Überbelastung auf die Dauer ihre Fähigkeit zur Insulinproduktion. Der Typ-2-Diabetes stellt die häufigste der Diabetesformen dar. Oftmals ist er von Übergewicht begleitet. 


Süße Schäden

Langfristig erhöhte Blutzuckerwerte haben einen fundamental negativen Effekt auf eine Reihe von Organen. Glukose hat bei erhöhten Konzentrationen die Neigung, sich an Gewebsproteine zu binden (Glykierung oder Glukation). Dies kann zum Beispiel auf der Retina (Netzhaut) des Auges passieren, was im Endstadium zur Erblindung führt. Auch die Nervenbahnen können betroffen sein, weshalb Diabetiker im fortgeschrittenen Stadium oft weniger Gefühl in den Füßen und Händen haben. In Verbindung mit erhöhten Insulinspiegeln zerstört der hohe Blutzuckergehalt die Innenauskleidung der arteriellen Blutgefäße und bewirkt auf diese Weise eine Verhärtung der Arterien - die Arteriosklerose. Für das Herz und seine Koronargefäße bedeutet dies ein erhöhtes Infarktrisiko. Wunden an Füßen und Beinen heilen schlecht bis gar nicht (Gefahr für offenes Bein). 


Nieren, Blutdruck und Diabetes

Ein Organ, das besonders von Diabetes beeinträchtigt wird, ist die Niere, deren Aufgabe es ist, das Blut zu filtern. Bei Diabetes treten Glykierungen des Nierengewebes auf - besonders des Filtrationsapparates (der Glomeruli), was die Nierenfunktion nachhaltig beeinträchtigt. Aber die Niere hat nicht nur Säuberungsarbeiten zu verrichten. Sie ist zu einem erheblichen Anteil an der Blutdruckregulation beteiligt. Treten diabetesbedingte Schädigungen an der Niere auf, die zumeist die Filtrationsleistung beeinträchtigen, dann interpretiert die Niere dies als Notwendigkeit, den Blutdruck zu steigern, um eine verbesserte Nierendurchblutung und somit eine verbesserte Filtrationsrate zu erreichen. Damit ist der erste Grundstein zu Bluthochdruck gelegt. Bleibt dieser Zustand unbehandelt, kommt es zu vermehrter Glykierung und durch die Schädigung zu einer weiteren Erhöhung des Blutdrucks. Aber auch ohne Diabetes wirkt eine Hypertonie auf längere Zeit nierenschädigend. Im Zusammenspiel mit Diabetes wirken beide Faktoren gemeinsam langfristig zerstörend auf die Glomeruli.


Dieses Zusammenspiel zerstörender Faktoren kann im Extremfall zu einem totalen Nierenversagen führen und eine Dialyse beziehungsweise eine Transplantation erforderlich machen.


Ein weiteres sehr sensibles Thema bei Bluthochdruck sind Schmerzmittel. Vor Schmerzen unterschiedlicher Art ist niemand gefeit - seien es Kopf-, Zahn- oder Erkältungsschmerzen, gegen die akut Schmerzmittel eingenommen werden, oder Schmerzen aufgrund von Gelenkerkrankungen, die eine längerfristige Einnahme von Schmerzmitteln erfordern.


Wer allerdings unter erhöhtem Blutdruck leidet, sollte bei der Einnahme von Schmerzmitteln seine Werte besonders im Auge behalten.


Viele Schmerzmittel haben als mögliche Nebenwirkung eine Blutdrucksteigerung angegeben. Dies gilt auch für frei verkäufliche Präparate, die unter anderem auch in der Erkältungszeit als Mittel der Wahl gegen Schmerzen und Fieber eingesetzt werden. 

Bereits 2007 untersuchten Forscher in den USA die Wirkung von Schmerzmitteln auf den Blutdruck. In dieser Studie wurden Probanden mit anfänglich normalen Blutdruckwerten beobachtet. Innerhalb von vier Jahren wurden bei einem Achtel der Teilnehmer erhöhte Blutdruckwerte gemessen. Den größten Einfluss auf den Blutdruck nahmen Schmerzmittel der Wirkstoffgruppe NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika), zu denen zum Beispiel Diclofenac oder Ibuprofen zählen. 


Doch auch das häufig eingenommene Paracetamol stand diesen kaum nach und erhöhte das Risiko zu hoher Blutdruckwerte um 34 Prozent. Am günstigsten schnitt in dieser Studie ASS (beispielsweise Aspirin) ab.


In einer neueren Studie haben Forscher nun die Wirkung der unterschiedlichen Wirkstoffe der NSAR- Gruppe auf den Blutdruck untersucht. Die Effekte, die NSAR auf den Blutdruck haben können, sind besonders interessant, da diese Medikamente gegen die schmerzhaften Erkrankungen Arthrose und Arthritis eingesetzt werden. Beide Erkrankungen treten vor allen Dingen bei älteren Menschen auf - einer Patientengruppe, in der auch erhöhte Blutdruckwerte häufig zu finden sind.


Bislang wurde diesen Präparaten generell eine blutdrucksteigernde Wirkung unterstellt. Nach den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaftler ist dies aber abhängig vom Wirkstoff.

 Weltweit gehören nichtsteroidale Entzündungshemmer wie Ibuprofen, Naproxen oder Celecoxib zu den am häufigsten verschriebenen Medikamenten. Ibuprofen und Naproxen sind frei verkäuflich und werden daher gerne auch zur Selbstmedikation eingesetzt.

Speziell Ibuprofen kann jedoch deutlich Einfluss auf den Blutdruck nehmen. In der Studie wurden nach vier Monaten um 3,7 mm Hg erhöhte systolische Werte gemessen. Bedenkt man, dass eine Senkung des Blutdrucks um 2 mm Hg das Infarktrisiko um 10 Prozent und das Mortalitätsrisiko bei einer koronaren Herzerkrankung um 7 Prozent senkt, wird die Relevanz dieses Ergebnisses schnell klar. Naproxen ließ den systolischen Blutdruck um durchschnittlich 1,6 mm Hg steigen. Bei der Behandlung mit Celecoxib zeigte sich hingegen eine leichte Senkung der systolischen Blutdruckwerte um 0,3 mm Hg im Durchschnitt.


Hypertoniker sollten daher die Einnahme von Schmerzmitteln mit ihrem Arzt besprechen, um einen geeigneten Wirkstoff zu finden, der die Blutdruckwerte möglichst wenig beeinflussen kann.


Der Bericht wird fortgesetzt.