Im Artikel „Ernährung – Unwissende Ärzte“ auf der Webseite des „Zentrums für Gesundheit.de“ liest man Folgendes:
„Der Durchschnittsschulmediziner dürfte in dieser Angelegenheit allerdings ebenfalls nur eines von vielen Spielbällchen sein und sicher nicht mutwillig, wohl aber unbewusst als Desinformant agieren. Seine Ausbildung ist sehr vielschichtig.
Er studiert Anatomie, Histologie, Embryologie, Pathologie, Radiologie, Pharmakologie, Toxikologie, Mikrobiologie, Immunologie und Medizinische Chemie. Er erfährt während des Studiums alles über die Geschichte der Schulmedizin, über die Humangenetik und auch über Biostatistik. Er lernt wichtige Dinge über Krankenhaushygiene und Tropenprophylaxe. Auch mit den Grundlagen in Sachen Psychologie, Suizidverhütung und Psychosomatik macht man ihn vertraut. Das Fach Ernährung jedoch sucht man in den Studienplänen der Humanmediziner vergeblich.“ Und weiter heißt es:
Im September 2006 wollte man in einer Studie erfahren, wie junge Ärzte ihren Berufseinstieg empfanden und ob sie sich durch ihr Studium ausreichend auf den Klinikalltag vorbereitet fühlten. Zu diesem Zweck verschickte die Universität Erlangen-Nürnberg Fragebögen an junge Ärzte, die zu diesem Zeitpunkt maximal zwei Jahre in der Krankenversorgung tätig waren. Das Projekt wurde im Rahmen der Förderinitiative Versorgungsforschung der Bundesärztekammer sowie von der Bayerischen Landesärztekammer gefördert. Insgesamt konnten die Angaben von 593 jungen Ärztinnen und Ärzten ausgewertet werden. Dabei äusserten sich 64,7 Prozent dahingehend, dass sie sich nach ihrem Studium und dem PJ (Praktischen Jahr) keineswegs gut ausgebildet fühlten.
Schliesslich wollte man herausfinden, in welchen Bereichen die Defizite besonders gross waren. Es stellte sich heraus, dass die Befragten besonders in fünf Bereichen Bildungslücken bemerkten. Der absolute Spitzenreiter war der Bereich Ernährung. 74,5 Prozent der Jungärzte fühlten sich auf dem Gebiet der Ernährung unzureichend ausgebildet.
In den USA verhält es sich nicht viel anders. Laut einem 2010 in der New York Times erschienenen und von einem Arzt verfassten Artikel stehen auf den dortigen Lehrplänen der medizinischen Hochschulen nur sehr wenige – wenn überhaupt – Seminare über Ernährung. Die meisten Studenten machen ihren Abschluss und werden Ärzte, ohne auch nur den Hauch einer Ahnung zu haben, wie wichtig die Rolle von Nähr- und Vitalstoffen im Heilprozess oder in der Prävention ist.
Sie studierten chirurgische Verfahren und medikamentöse Therapien. Ernährung aber studierten sie nicht und zwar deshalb nicht, weil es an ihrer medizinischen Hochschule kaum diesbezügliche Kurs-Angebote für Mediziner gab.
Mitte der Achtziger Jahre veröffentlichte die National Academy of Sciences einen Bericht über die mangelhafte Ausbildung in Sachen Ernährung an den medizinischen Fakultäten und riet den Universitäten dazu, das Fach Ernährung mit mindestens 25 Stunden in den Studienplan aufzunehmen.
Doch eine 2010 im Fachblatt Academic Medicine veröffentlichte Studie enthüllte, dass die Zustände sich im Laufe der letzten Jahre kein bisschen verbessert, ja sogar noch verschlechtert hätten.
So fanden Forscher der University of North Carolina (UNC) in Chapel Hill heraus, dass die (an den meisten medizinischen Hochschulen) durchschnittliche Stundenanzahl zum Thema Ernährung in den letzten sechs Jahren fast um die Hälfte gesunken sei. Heute 2010 baten nur noch 25 Prozent der medizinischen Fakultäten die Mindeststundenanzahl auf dem Gebiet der Ernährung an.
Inzwischen fühlen sich sogar schon manche Ärzte, die sich auf eigene Faust im Bereich "Gesundheit und Ernährung" weiterbildeten, von der – trotz grosser Bildungslücken – weit verbreiteten Arroganz ihrer eigenen Kollegen abgestossen.
So erklärt Dr. Pronovost, Professor für Anästhesie an der medizinischen Fakultät der John Hopkins Universität in der Fachzeitschrift Journal of the American Medical Association, wie die Arroganz der Ärzte gepaart mit ihrem Unwissen in den USA regelmässig zum Tod von Zehntausenden Patienten führt.
Ganzheitlich ausgebildete Ärzte, die weit über die Lehren medizinischer Hochschulen hinaus sich selbst die Prinzipien und Wirkungsweisen einer naturbelassenen und gesunden Ernährung beigebracht haben, beschreiben ihre eigene schulmedizinische Ausbildung oft als vollkommen inadäquat.
So bezeichnet beispielsweise Dr. André Weil seine konventionell arbeitenden Kollegen als "ernährungswissenschaftlich unwissend". Dr. Weil ist Gründer und Leiter des Arizona Centers for Integrative Medicine(1) (AzCIM) am University of Arizona Health Sciences Center in Tucson, Arizona.
Natürlich war es auch der Bundesärztekammer irgendwann einmal peinlich, wenn ihre Mitglieder in Sachen Ernährung zwischenzeitlich weniger wussten als die Durchschnittshausfrau. Und so wurde bereits in den Neunziger Jahren – selbstverständlich in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. – eine Fortbildungsmöglichkeit (zum Ernährungsmediziner) kreiert, die alle am Thema Ernährung ganz besonders interessierten Schulmediziner nach erfolgtem Studium nutzen konnten.
Die 100stündigen ernährungsmedizinischen Kurse finden in speziellen Institutionen der Deutschen Gesellschaft bzw. Akademie für Ernährungsmedizin e. V. (DGEM bzw. DAEM) statt und sind innerhalb von fünf Wochenenden erledigt. Damit sich der Aufwand für die gestressten Mediziner auch lohnt, wird dafür gesorgt, dass wirklich jeder die Fortbildungsmassnahme erfolgreich zum Abschluss bringen kann.
Am fünften Wochenende wird eine Prüfung mit 50 schriftlichen Fragen absolviert, von denen lediglich die Hälfte (50 Prozent) richtig beantwortet sein muss und die Beantwortung ausserdem noch im Multiple-Choice-Verfahren erfolgt, man also – in vielen Fällen – nicht einmal nachdenken, sondern lediglich ankreuzen muss.
Obwohl die Lehrpläne vielversprechend klingen, verliert man jede Hoffnung, wenn man sich die pro Thema zur Verfügung stehende Zeit betrachtet. So wird zum Beispiel die Regulierung des Säure-Basen-Haushaltes gemeinsam mit dem Wasser- und Elektrolythaushalt, den Mikronährstoffen (alle Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente) sowie gleich noch den Antioxidantien und sekundären Pflanzenstoffe innerhalb von sage und schreibe zwei Stunden abgehandelt.
Das verblüfft dermassen, dass die einstündige Beschäftigung mit Präbiotika, Probiotika und Ballaststoffen nur noch resigniertes Kopfschütteln hervorruft. Da die Lerninhalte, Diäten und präventiven Massnahmen auf die deutlich überholten Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung DGE abgestimmt sind, ist von ernährungsmedizinischem Fachpersonal derzeit nichts Neues und folglich nichts wirklich Hilfreiches zu erwarten.
Selbstverständlich kennt man sich beispielsweise mit dem Monitoring der Substratzufuhr, den Laborkontrollen, der Dokumentation etc. in der parenteralen bzw. enteralen Ernährung ganz wunderbar aus, derjenige aber, der noch im Besitz von Magen und Darm ist, sollte sich von seinem mit ernährungsmedizinischem Zertifikat geschmückten Arzt nicht viel mehr als die üblichen Schlagworte "fettarm", "purinarm", "salzarm" (je nach persönlicher Indikation) inklusive des mehr als abgedroschenen Begriffes "ausgewogen" erhoffen.“